Samstag, 3. September 2005
shoot to kill...
Leichen am Straßenrand, Menschen die verzweifelt nach Wasser und Nahrung suchen, Lethargie und Hilflosigkeit in den Augen der Kranken und Müttern von Kindern. Tausende Menschen die sterben. Nicht das diese Bilder unbekannt sind. Sie erreichen uns jedes Jahr mehrmals. Immer ergreifet uns das Leiden kurz, zu kurz um das Mitleid bis zu den empfindlichen Stellen des Menschlichen durchdringen zu lassen.



Doch diesmal ist es anders. Nicht aus einem Dritte-Welt-Land irgendwo in Afrika, Indien oder Lateinamerika erreichen uns die Bilder und Nachrichten. Die Bilder kommen aus dem reichsten Land auf dem Globus - aus dem Süden Amerikas. Einem Land, das in Vergangenheit dafür bekannt war schnell, effizient und mit großem Aufwand anderen zu helfen die in Not geraten sind. Ein Staat der stolz war darauf, so reich zu sein dass es keinen Punkt auf der Welt gab der nicht mit Hilfsmassnahmen an dem Reichtum kurzfristig teilzunehmen konnte.

Und dann das! Ein verheerender Hurrikan fegt über einem Teil des Landes hinterlässt eine Spur der Zerstörung und Verwüstung und zeigt ein Menetekel der Gesellschaft und den Zustandes des Rechtsstaates. Zwei Tage wurde über die Evakuierung der Stadt New Orleans und Umgebung berichtet und CNN hinterließ den Eindruck dass die Stadt komplett leer ist und trotz der herannahenden Katastrophe kein Menschenleben gefährdet ist. Nicht nur wir - weit entfernt - hatten diesen Eindruck. Aus Huston erzählte mir ein Freund dass er das Gefühl hat, alle haben das gefährdete Gebiet verlassen. Noch während des Hurrikans wird von Rettungsaktionen berichtet, von tausenden Menschen die in der Stadt verblieben sind - nicht weil sie nicht gehen wollten. Nein, diese Menschen konnten die Stadt nicht verlassen. Sie gehörten zu der unterprivilegierten Schichte der Amerikaner und davon gibt es im Süden sehr viele. Menschen die sich nicht ein Auto leisten können oder die Mittel nicht haben sich in ein Hotel einzuquartieren, aber die Stadt auch nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln verlassen können, dafür gibt es nur eine unzureichende Infrastruktur. Alte und kranke Menschen deren Einkommen nicht reicht eine Fahrt mit dem Bus zu bezahlen, sie wissen auch nicht wohin.



In der Stadt breitet sich Anarchismus und Gewalt aus. Die Rede ist plötzlich vom Mob, es wird Schiessbefehl erteilt und tausende Polizisten sollen das Schlimmste verhindern. Bürger eines demokratischen und freien Landes werden zum „Mob“. Sicher sind einige der Tausend, zu Obdachlosen gewordenen die auf der Suche nach Nahrung auch Ihre Wut und Verzweiflung loslassen. Andererseits sind es nicht einige wenige die zu Gewalt neigen, die schießend, bedrohend und tötend durch die Stadt ziehen. Menschen die, die Situation ausnutzen um mit Gewalt zu zerstören und brandschatzen. In dieser extremen Situation zeigt sich das Bild der Gesellschaft ohne Schönrederei und ohne Fälschung von Statistiken die besagen das es in diesem Land sehr viele Verlierer gibt, die chancenlos sind und eine Last für die vorgezeigte Stärke bedeuten. Eine Weltmacht nach außen hin, im Inneren fault die Frucht besorgniserregend. Solche Zustände kennen wir aus den lateinamerikanischen Ländern bis in die achtziger Jahre, wo rechte Diktatoren mit Hilfe der USA einen Großteil des Volkes unterdrückten damit einige Wenige Reichtum und Macht scheffelten. So ist es in Amerika nicht. Es geht nicht um eine offensichtliche staatliche Unterdrückung eine Bevölkerungsgruppe die meistens nicht Weiß ist. Hier fehlt gänzlich ein Sozialsystem um den Menschen das Gefühl von Menschlichkeit zu geben, ein Schulsystem das allen die gleiche Chance bietet. In einem demokratischen Staat können die gesellschaftlichen Unterschiede nicht größer sein als in Amerika. Die Tellerwäscherlegende ist märchenhaft, aber nicht realistisch - Nicht für Millionen von (vorwiegend Schwarzen) US Bürgern.



Siehe auch
…und
”auch

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