Mittwoch, 12. Juli 2006
1 Jahr Blogger...
Manchmal, so nebenbei nach dem die Euphorie des Anfangs etwas verklungen ist stellt sich mir schon die Frage nach dem Sinn zu bloggen. Diese Sinnfrage hält mich aber auch nicht davon ab fast täglich bei blogger.de vorbei zu surfen und nachzusehen in den neuen Posts der beinahe vertrauten Kollegen, ein wenig ist es wie das Wohl- oder Unwohlbefinden einzelner Schreiber zu erkundigen.





Herzlichen Dank!

für die Glückwünsche

Die Einrichtung dieses Blogs war, ein um wenige Tage zu spät geliefertes Geburtstagsgeschenk, nur den wohlwollenden Schenker Axel K. kannte ich nicht. Das war noch zu einer Zeit als bei Blogger.de die Eintrittsmauern hoch standen. Ich will jetzt nicht diesem Zustand nachtrauern wie so mancher ehemalige DDR Bürger seinem Staat und will mich an dieser Stelle auch nicht darüber auslassen in welche Richtung das Niveau gegangen ist. Bloggfreiheit für Alle – und wenn es schon so sein muss dann auch in dieser Gemeinde…

Für einen Charakter wie mich ist Bloggen schon eine feine Sache, wo sonst kann ich meine welterklärende und teils auch besserwisserische Weltsicht leichter unters Volk bringen? Nicht nur das, es gibt sogar Leute die Kommentare dazu schreiben! In den anfänglichen Bloggerfleiß bis in die späte Nacht stellten sich auch sehr schnell Interbeziehungsdifferenzen auf der Ebene postulierter Vernachlässigung heraus. Jeder Blogger weiß in welchem Konflikt man/frau damit steckt. Wenn der Blogger selbst das Gefühl hat nur einige Minuten im Netz zu sein, ob nun postend oder auf Kommentare wartend, auch diese beantwortend, bekommt man die Stundenanzahl der vermeintlichen „Einsamkeit“ vorgerechnet. Nicht selten zu Recht. Eines habe ich durch das Bloggen gelernt, Stunden, Minuten, Zeit sind fiktive Größen und mathematisch nicht belegbar.

Irgendwann lernt der Blogger seine wichtige Tätigkeit, beinahe Lebensaufgabe in Zwischenzeiten zu verlegen, einerseits wegen des Beziehungsglücks und zum anderen bin ich ein Mensch der Stress dort aus dem Weg geht wo er zweitrangig ist. Dann kommt so ein Tag an den Anfangs kein Blogger gedacht hat. Ein Morgen bricht an nach einem Bloggeralptraum dessen Inhalt vermittelt hat das kein Mensch deine Beiträge ließt. Schweißgebadet rotieren erstmal die Gedanken um nach eventuellen Fehlern zu suchen, die sich ohne zu Bemerken eingeschlichen haben. Der nächste Schritt, es ist noch dunkle stille Nacht, aus dem Bett ins Arbeitszimmer die frisierte Dell - Maschine mit vier Hochleistungslaufwerken anwerfen, zittrige Finger tippen sich ins T-Online Netz, der Ventilator zur Kühlung surrt erbärmlich und Feinstaubfilter vor dem Lufteinzugsloch übernehmen die Arbeit des Staubsaugers. Login vertippt, zweiter Versuch, Referrer anklicken, Erleichterung breitet sich aus, dem Alptraum ein Schnippchen geschlagen! Unbemerkt steht in der Tür der blanke Vorwurf mit wutentbrannten Augen, wortlos verschwindet die Mahnung wieder und zurück bleibt der fahle Geschmack das man sich irgendwie zu weit in diese fiktive Welt eingelassen hat. Gelernte Fragen nach einem typischen Suchtverhalten rattern im Hirn und alle Antworten lauten "NEIN-ich-kann-noch-aufhören" wohl wissend das es so nicht ist.

An einen solchen Zustand kann ich mich erinnern wenn ich an Bergsteigen ohne Seil und Sicherung oder an Gleitschirmfliegen denke, Adrenalin das treibt um es wieder und wieder zu erleben, dieses Erfolgsgefühl. In solchen Momenten ist es dringlich einen Plan aufzustellen, Blogfreie Zeiten einhalten und die Zahl der geglaubt wichtigen Blogs die zu lesen sind einzuschränken. Zwei, drei Wochen durchgehalten stellt sich zum ersten Mal vernünftigerweise die Frage nach dem Sinn. Ab diesem Moment begann das Bloggen für mich kontrollierbar, überschaubar zu werden und die Posts entsprechen meinen Beweggründen – auch die in der „Religionsfreiheit“. Aufhören? Nein, es gibt das draußen Menschen die Blogger und keine Blogger sind und auf meine Beiträge warten, gerne lesen und sich auch bedanken. DANKE an Alle!

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Samstag, 17. Juni 2006
Rückblick / pogledam nazaj
Abgesehen von geschwisterlichen und elterlichen Besuchen gibt es nur zwei Gründe an die Stätte der Kindheit für einige Tage zurück zu kehren. Entweder hat sich in der Erinnerung eine beschauliche Romantik über die vergangenen Zeiten des Werdens ausgebreitet oder statt verklärter Kindheitssicht, treten einem Dämon gleich die Jahre des Kind- und Jugendlichseins zutage. Vor Ort relativiert sich das Gefühl, es entspricht weder der Erinnerung in Abwesenheit noch der vergangenen Realität. Freude, Trauer graben sich aus dem Inneren hoch, imaginäre Türen zu damaligen Emotionen werden geöffnet und heraus fließt das Leben das geprägt hat. Und dennoch entspricht es nicht vollständig der wahren Empfindung von Damals. Zu viel inzwischen Gelebtes nimmt den amplitudenhaften Emotionsbegegnungen die Spitzen und die Tiefen. Das innere Messinstrument zu eichen, den Ausschlag nach oben und unten wieder spüren, die Gleichempfindlichkeit abzuschütteln, dazu dient ein Sehen und Fühlen am Ort der ersten Prägung.

Die Landschaft hat an schmerzhaft schöner Idylle durch die Abwesenheit gewonnen. Einige Tage, um die hier erlebten Jahre wieder mal zu spüren, einzutauchen in die erzählten Geschichten und erlebten Zeiten reichen nicht. Der Hof, das Haus, Wiesen, Felder, Wege , alles Vertraute, alte Bekannte die sich nun mit wenig Leben erfüllt, beschauen lassen. Alle Farben und Töne der Landschaft sind eingebrannt und in der Vorstellung wechselt das satte Grün der Gräser und Wälder problemlos ins herbstliche Bunt oder das schwere, weich zeichnende Licht des Sommers. Die Begleiter von früher sind gestorben mit dem Wissen der Verbundenheit zu dem Stück Erde das sie Mühe gekostet aber auch Freude gebracht hat oder sie sind weggezogen in ein leichteres, sicheres, komfortableres Leben. Kein Rufen nach den Kindern, kein Gerassel von Ketten aus dem Stall und auch das rumoren der hungrigen Tiere ist verstummt. Am alten Zuggeschirr der Pferde ist das Leder porös geworden, der mit Kalfonium gewachstem Garn der Nähte ist nicht mehr zu erkennen. Auf dem Speicher stehen noch die schweren Holzwagen für den Transport mit Pferden und die kleine dachlose Kutsche, das Lieblingsgefährt der Kinder wenn es den mal zu hohen Feiertagen oder Trauerfeierlichkeiten hinter das massige Pferd gespannt wurde, unproportional groß das mit Trauerbändern geschmückte Zugpferd zu der zierlichen Kutsche. Geregelte Aufgaben und Mitwirken am Hof begleitete die Kindheit, kein Tag ohne Wasser für die Tiere aus dem Brunnen zu schöpfen, bei sommerlicher Trockenheit aus dem entfernten See zu holen, im Frühling morgens die Kühe auf die Waldweiden zu bringen und spät abends beinahe schlafend das Essen zu verschlingen. Das sind die alltäglichen Dinge gewesen die sich nicht verscheuchen lassen. Ich habe das Gefühl den blechernen Eimer mit dem Seil suchen zu müssen um die Tränke zu füllen, den eisernen Korb holen und hinter der Scheune gespaltenes Holz zum Kochen und Brot backen in die Küche bringen, die dreispießige Gabel in der Hand um die Stallungen zu säubern. Die anerzogene Rastlosigkeit von Damals treibt den Wunsch auf die Berge zu steigen und von oben den nächsten Gipfel erspähen um auch diesen vom sinnleeren Aufholen getrieben, zu erklimmen.

Die kindliche Welt, bis zum ersten Schultag behütet, abgeschirmt vom Wissen des Andersseins und der bitteren Erfahrung von Nichtdazugehören endete mit einem Schlag. Erst neugierig und erpicht darauf die Sprache der Lehrer zu lernen, sich verständlich machen um zu erzählen und mathematische Aufgaben auch in Deutsch zu lösen, nach kurzer Zeit die Erkenntnis das es nicht reicht die Sprachebarriere zu überschreiten. Nein, in den Augen der Anderen der sich als bessere Menschen, da deutsch sprechend, selbst Verherrlichenden blieb man der „Windische“ (Schimpfwort für Slowenen). Windiges Lavieren war schnell erlernt, zwischen den Zeilen windender Sätze über Toleranz war die Hoffnung auf Anerkennen, nicht vollwertig - immerhin ein wenig mehr, zu hören, wenn nur die mütterliche Sprache und die Kultur abgelegt, verleugnet wurden. Erstaunlich wie schnell und wie viele sich dem Angebot beugten und verleugneten das ihr Name auch ihre Herkunft verrät. Der Wunsch zu flüchten aus diesem Desaster von verlogenen Versprechen und Zweitrangigkeit war sehr früh geboren. Flucht an einen Ort der ahnungslos ist und nicht unterscheidet zwischen Sprachen und Mentalitäten. Der erste Aufbruch zur Flucht waren Bücher, später das rastlose Suchen von Städten weltweit. Nein, nichts mehr ist von dem Schaubar nur der lächerliche Wunsch es noch mal zu erleben. Diese dumme Ungeduld, manch Unverarbeitetes noch mal zu durchtauchen ohne das es einen Schmerz hinterlässt.

Das südliche Kärnten und die Landeshauptstadt Klagenfurt. Ein Landstrich, eine Stadt der Denk- und Mahnmähler für eine Freiheit die, die Deutschkärntner nach dem Kriegsende 1918 und dem Zerfall des maroden Kaiserreiches mit den seit Jahrhunderten hier beheimateten Slowenen gegen die Machtansprüche des damaligen Jugoslawien erkämpften, auch unter der Mithilfe und des diplomatischen Eingreifens des Obersten Rats der Alliierten in Paris. 1920 bekannte sich die Mehrheit der Slowenen in einer Volksabstimmung zu Österreich, zu ihrer angestammten Heimat, zum sprachlichen Spagat zwischen deutschen Kaisern, Fürsten, deutschnationalen Landeshauptmännern und der eigenen Kultur. Zugegeben, mit Lockungen und Versprechen die tunlichst nach der Auszählung der Stimmen wieder revidiert wurden und so eine Kulturgruppe sekundärer, wenn nicht minderer Kärntner entstand. Die Geschichte ist auch hier eine Folge von Wiederholungen. Nach 1945 versuchte Jugoslawien wieder die Wirrnisse des Kriegsendes zu nutzen um das südliche Kärnten als ersten Schritt aus dem panserbischen Wunsch eine Realität zu schaffen. Die, in den letzten Kriegstagen aus Italien einrückenden Alliierten drängten die Jugoslawen wieder hinter die Grenze. Betroffen von den Morden und Vertreiben während des zweiten Weltkrieges waren die Menschen die an der Grenze lebten. In erster Linie Slowenen. Männer, Brüder und Söhne der Familien, vorwiegend waren es Bauern, wurden von den Nazis eingezogen, an den Fronten verheizt und zuhause im Niemandsland zwischen Faschismus und antifaschistischen Partisanen wurden die slowenischen Familien deportiert oder ermordet – von beiden Seiten. Wehrte sich jemand aus politischem Desinteresse oder Überzeugung gegen die Befehle der kommunismusnahen Partisanen wurden kurzerhand alle Verwandten vom Greis bis zum Säugling massakriert. Nicht anders erging es den Menschen die dem Druck nicht standhielten und die Freischärler aus dem Süden mit Nahrungsmittel und Unterschlupf versorgten. Hier griffen die Nazis ein und entledigten sich der Verirrten auf gleich brutale Weise. „In der Nacht kam der Tod über die Karawanken und am Tag wüteten mordend die Nazis an den Überlebenden…“ erzählte mir eine ältere Dame aus der Gegend, vor einigen Jahren. Die Nazis, das waren keine Soldaten aus dem Kernland des Dritten Reiches, diese Nazis kamen aus dem nächsten Dorf, aus der nächsten Stadt, es waren „deutsche Kärntner“.


Es ist auch eine Stadt in der die Geschichte nach Gutdünken gebogen und interpretiert wird. Die historischen Scheuklappen mussten schon sehr eng gestellt worden sein um ein Denkmahl für die von den Partisanen Ermordeten vor dem Klagenfurter Dom zu errichten. Ein Erinnern an die Ermordeten Klagenfurter Juden, Romas und Sinti, Andersdenkenden und die aus der Heimat vertriebenen Slowenen ist nicht zu finden. Zu viele ehrenhafte Bürger die mitmachten und die Vergangenheit einer Demenz gleich verschollen aus dem Gedächtnis. Wenige, sehr wenige sind mutig genug eine brauchbare Form von geschichtlicher Bewältigung zu betreiben.

2006: Anders als noch in den Sechzigern des letzten Jahrhunderts sprechen und verstehen die Slowenen alle Deutsch und die Sprache aus der sie geboren sind klingt beinahe fremd. Kinder dürfen wieder slowenische Kindergärten besuchen und in den Schulen besinnt man sich der gemeinsamen Geschichte. Kulturelle Eigenheiten haben sich vermischt und selten denkt man noch an die gesprengten Denkmähler und abgerissenen Ortstafeln von früher. Oberflächlich scheint alles weit entfernt und vergessen. Es gibt kein Jugoslawien mehr. Die panserbische Idee glimmt im Untergrund und wurde nicht mit Milosevic begraben. Ein geborener Kärntner, Peter Handke trauert um diesen unberechenbaren Psychotiker, verehrt und beehrt ihn am Grab. Der Tod des Cholerikers, ist er ein Hoffnungsschimmer des Friedens für die Menschen am Balkan? Der ehemals zweite Erzfeind Slowenien ist politisch und wirtschaftlich in einem aufstrebenden Kurs, hat Kärnten wirtschaftlich überholt, nebenbei auch noch EU-Mitglied. Der Kärntner Abwehrkämpferbund besteht weiterhin und windet sich in Berechtigungserklärungen.

Zum dreißigsten Mal wird die literarische Sau durch die Stadt getrieben um Feuilletons der FAZ, NZZ und Süddeutschen zu füllen Eine versöhnende Geste für Ingeborg Bachmann. Bei der Menge an Denkstätten habe ich das „Robert Musil Haus“ nicht gefunden. Das Stück „Die Brandstifter“ wird nicht auf der Bühne des Staatstheaters gespielt. Einige Straßenzüge südlich ist die beamtete Stube des Possenreißers und Brandstifters dem ein ganzes Bundesland als Bühne zu Füssen liegt. Gesetzte und Vereinbarungen werden umgangen und die ortsankündenden Tafeln um einige Zentimeter versetzt damit diese nicht in zwei Sprachen das zu Erwartende künden. Was wären auch die zweisprachigen Ortstafeln heute? Nicht mehr als Grabmähler für eine längst verlorene Sprache und dialektische Eigenheiten. Nein, die Lettern dürfen sich nur in Deutsch vom reflektierenden Weiß abheben. Eine ernsthaft gemeinte Provinzposse die ohne Bedeutung wäre, wen der Hans Wurst nicht manchmal seine manische Phase dahingehend ausleben würde in dem er allen Ausländern und Fremden welcher Hautfarbe, Nationalität oder Religionszugehörigkeit auch immer zeigt wer der Herr ist, wer willkommen ist und wer draußen bleiben soll. Seine Nazi und SS verehrenden Weißheiten sind nicht mehr öffentlich zu vernehmen und was im Freundeskreis gesagt wird dringt auch nicht nach außen. Die richtigen Freunde finden sich hier schnell, es gibt eine Menge davon. So mancher Herrgottswinkel schmückt sich nicht allein mit dem Gekreuzigten, darunter im schlichten Rahmen das leicht verblichene schwarzweiß Bild des Großvaters in Wehrmachts- oder SS Uniform. Eine Ikone hat auch eine Rückseite und so mancher verbirgt hier seine wahre und unveränderte Gesinnung.

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Dienstag, 13. Juni 2006
Time to make friends
WM 2006! Kein Schritt auf der Strasse, kein Blick in ein Schaufenster, kein Radio- oder Fernsehprogramm ohne diese lästige Penetration – Fußballweltmeisterschaft 2006! Eine Werbeidee dumpfer, wiederholender als die Nächste. Ein Wettkampf der Einfältigkeit um Brötchen, Matratzen, Wundheilpflaster, Schlittschuhe und Bier an den zwangsbegeisterten Konsumenten zu bringen Selbst Mozart und Goethe werden ohne Zustimmung rekrutiert und die orthodoxe Ikonenmalerei als der Vorläufer heutiger verehrter Fußballhelden geflissentlich gepriesen. Man stelle sich das Bildnis Ballacks, das Haupt umkreist vom goldenen Heiligenschein, auf einer handgehobelten Eichenholztafel verewigt vor. Nichts Öffentliches und nichts heilig Intimes das nicht dem Runden fürs Eckige herhalten muss.

Nein, ich bin kein wirklicher Fußballfan, ganz zu schweigen von einem favorisierten Erst- oder Zweitliga Verein. Aber eine Weltmeisterschaft hat eine andere Dynamik, vor allem wenn sie vor der Haustür stattfindet und Emotionen der begeisterten Masse hautnah fühlbar werden.



Die Frankfurter Sky Arena am Main (Public Viewing) bietet Hunderttausenden Besuchen Platz für ein gemeinsames Mitfiebern und Erleben der Spiele auf riesigen Bildschirmen. Nationen vermischen sich zu einem friedlich kochenden Event und viele Sprachen sind keine Barriere um Meinungen und Siegesrufe auszutauschen. Dominierend am Freitagabend zur übertragenen Eröffnung der Weltmeisterschaft waren nicht die Deutschen, Engländer so weit das Auge reicht und das Ohr bei diesem Lärm ein Wort verständlich ausmachen kann. Sangesfreudige Insulaner, vom Immobilienmakler aus Mancaster bis zum Dachdecker aus Yorkshire strömten zum Mainufer, ließen sich durchsuchen bevor der Bühnenbereich betreten durften. Der Halbliterbecher mit Bier reichte meist nicht um den Durst der Hitze zu stillen und die Heiserkeit aus gemeinschaftlichem Gesang geboren, zu lindern. Einen ganzen Liter im Plastikbecher, schnell warm aber sicher, falls er aus versehen jemanden am Kopf fällt. „Das sind keine Houligans“ erklärte ein Engländer im weißen T-Shirt mit rotem Kreuz an der Schulter „…das ist der englische Song Contest“ der rot gesottenen Oberkörper.



Ausgelassene Fröhlichkeit mit prickelnder Spannung auf den Strassen und Plätzen, keine Aggressionen oder aufwallender Unmut,auch nicht gegen die Polizei die sich mit großem Aufgebot im Hintergrund hielt. Kleine Eskalationen wurden mit einer Hundertschaft schnell beendet und die Justitia überm Brunnen am Römer kleidete sich mit englischen Fahnen, wurde von mutigen Kletterern singender weise beehrt und liebkost. Dem deutschen Bier sei Dank! Nicht anders erging es Karl dem Großen, den in Stein gehauenen Bewahrer deutscher Heldentaten und Inbegriff germanischen Mutes. Auch er wurde zum Sachsen, zum Angelsachsen gekleidet. Deutsche Fußballidentität bröckelte hie und da am Samstagabend nach dem unverdienten Sieg der Engländer. „Neun deutsche Bomber flogen nach Britannien…die Royal Air Force steig auf und es waren nur mehr acht…“. So mancher verzog die Miene – sofern verstanden - bis kein deutscher Bomber über englischem Eiland mehr besungen werden konnte. Nach altehrwürdiger Inselsitte wird Bier über die Singenden vergossen und das Lied beginnt von vorne, wieder mit neun deutschen Bombern. Eigenartig die Nachwehen, sowohl auf der einen Seite mit in Kunststoff gegossenen Kriegshelmen und aufblasbaren Messerschmitts grölenden Britten und im Vorbeischlendern die gesenkten Blicke der Deutschen – schuldbewusst? Diese Zeit wird wohl lange ein Stachel auf beiden Seiten im Fleisch des Erinnerns bleiben.



Es ist einfach begeisternd zu sehen und zu fühlen, das es möglich ist miteinander auszukommen und in Freundschaft zu begegnen, egal welche Hautfarbe, welche Nationalität und welche Religion auch immer. Ein großes Lob auch den Frankfurtern die freudig den Gästen auf Fragen antworten und manchmal radebrechend den Weg zur Äppelweinkneipe oder in die Stadt erklären. Ungewohnt freundlich und zuvorkommend sind die Begegnung der Gäste mit den dienstschiebenden Polizisten und Mitarbeiter der Security Dienste. Time to be a friend!

Weiteres Stimmungsbild bei http://bembelkandidat.blogg.de/eintrag.php?id=810

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Dienstag, 23. Mai 2006
Moin, Moin
Irgendwo muss das Finden wieder beginnen. Ich versuche es mal zwischen Watt und Schafen, Muscheln und Robben. Der Horizont reicht vielleicht bis hinüber zu dem der verloren gegangen ist.



Raus aus den Schluchten zwischen den Kathedralen und Bürgerhäusern, der fehlenden Nacht und der lauten Tage, weg vom Klappern der Tastaturen und Summen der Kühlventilatoren. Flucht vom Lärm der nie versiegt und Staub der alles vergraut. Hin zur Symphonie des Windes und dem Wasserrauschen, zum flöten und trillieren, zu klaren dunklen Nächten übersäht von Millionen leuchtenden Punkten, Lichtjahre entfernt. Hin zur Luft die noch klar ist und der Regen nicht nur die Strassen wäscht.

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verhaltene schoene (JPG, 1,957 KB)
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Sonntag, 21. Mai 2006
Francoforte - il secondo
Ein Blog ist eine öffentliche Sache, jedermann zugänglich und damit auch Regeln unterworfen. Um Fotos (mit Menschen) zu veröffentlichen ist die Zustimmung der scharf oder unscharf Abgelichteten Voraussetzung. Natürlich kann diese Anonymitätsklausel umgangen werden in dem die Gesichter verschwinden oder unkenntlich schwarzverbalkt werden. Kurzum ich habe keinen der vier lesenden Blogger gefragt bzw. um Erlaubnis gebeten ein Bild von vorne (so mit Augen, Nase, Lippen und Brille), der Schokoladensahneseite veröffentlichen zu dürfen. Aus diesem Grund nützte ich die Gesetzteslücke und stelle Frau Klugscheisser, Herrn Mark, Frau Saintphalle und Herrn Bandini von Ihrer nicht weniger interessanten, aber unverfänglichen Backside zu Schau.



Draußen vor dem Leseaquarium wechselten die Stimmungen des Wetters, vom dunkelsten Grau mit peitschenden Regen bis zum strahlenden Sonnenschein und drinnen - sanfte, friedliche Bloggerstimmung. Im Gegenlicht werden die Lesenden zu Schattengestallten und je mehr Texte vorgetragen werden umso klarer schälen sich die Akteure ins Erkenntliche. Nur Herr Bandini blieb hinter dem samtroten Vorhang, vielleicht weil ihn inzwischen jeder kennt und seine (guten) Texte noch spannungsgeladener klingen. Herrn Marks Debüt als „Vorleser“ ist sehr gelungen, seine Geschichten Vergangenes erzählend ließen Erlebtes mitfühlen. Ebenso erheiternd wie auch berührend erzählten die beiden Damen aus ihrer Alltäglichkeit.

Natürlich ist so eine Lesung ein Bloggertreffen und immer wieder erstaunlich was für interessante Persönlichkeiten sich hinter den komischsten Blognamen stecken. So zum Beispiel Herr Narzissmusverdacht, ein Gespräch mit ihm ist auch Grund seine Site öfter zu besuchen. An alle nicht erschienen Kollegen aus Frankfurt und Umgebung: Ihr habt wahrlich was versäumt und der Eurovisions-Song-Contest war nur die zweite Wahl.

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