Mittwoch, 19. April 2006
Aussterben!
Ah, Deutschland!
Die Lenden deiner Söhne, kraftstrotzend verweigern sie sich
Die Schöße deiner Töchter, fruchtbar und verhalten….



Die Diskussion über das nahe gerückte Aussterben der Deutschen, dieser verspätete Abgesang von Familien und familiären Bünden, erfasst mich teils mit Freude und teils mit Melancholie. Politiker und vor allem -Innen, ebenso wie geistreiche Gesellschaftsforscher, Psychologen, Anthropologen, Biosoziologen und jeder der sich berufen fühlt, geben erschrocken und aus dem Ärmel schüttelnd Statements ab. Erklären zum zigsten Mal das der Deutschen zu wenige sind und in Zukunft noch weniger werden, bis hin zum letzten rheinischen Mohikaner. Schnell werden noch Schuldige gesucht, die dort gefunden werden wo man sie immer findet, bei den Anderen. Bei der anderen Partei, beim anderen Geschlecht.

Genau das ist der Punkt: die Männer! Weil die Männer seit der geschlechtlichen Revolution keine sexuelle Macht mehr ausüben dürfen und können, gründen sie keine Familien mehr, vor allem keine mit Kindern. Als realerotisch traumatisiert, ihrer Erektion durch die Gleichstellung der Frau beraubt, zurückgezogen in die virtuell heile Welt der unterwürfigen und gefügigen Frauen, werden sie beschrieben und besprochen. Manchmal schleicht das Gefühl hoch das früher, vor der Pille, vor Alice Schwarzer, vor der weiblichen Emanzipation vom Mann und Gebären Kinder gewaltsam gezeugt, Frauen nach Comicmanier an den Harren in die Wohnung (Höhle) geschleppt wurden und gegen ihren Willen begattet, schwanger wurden und gebären mussten. Nach der erlittenen „Schändung“ haben sie das Frühstück zubereitet, haben das Bier für ihren Schänder nebst einem Stück rohen Fleisch eingekauft, den Haushalt gefeudelt und die Söhne und Töchter zu aufrechneten deutschen Bürgern erzogen. Darauf geachtet dass alle eine gute Schulbildung bekamen, die Universität besuchten oder einen Beruf erlernten, damit sie eines Tages selbst entscheiden können Familien zu gründen oder lieber das großartige Leben zu genießen. Die Väter waren nach dem, das Weibliche diskriminierenden Akt der Zeugung nur noch Ernährer oder diejenigen die Grundlagen für eine (bessere) Zukunft beschafften. Anstelle einer Anerkennung für ihr Opfer und die Fürsorge für die Familie wurden sie gesellschaftlich als patriarchalische Schlagstockfaschisten, als Pantoffelhelden ihres spießigen Ideales von Familie, als potentielle Vergewaltiger und Kinderschänder geächtet.

Heute kaufen zeugungsfähige Männer Roadsters von BMW und Mercedes oder den Chayenne von Porsche, vorwiegend in Schwarz. Schwarz ist Ehrfurcht, gute Stellung, zeigt Potenz und Schwarz ist cool. Diese Helden der Aktiengesellschaften, der nach oben schwankenden Börsenkurse und stolperfrei glatten Versicherungen leben in serieller Polygamie und jetten mit ihren jeweiligen ebenso gut ausgebildeten und erfolgreichen Gespielinnen nach New York oder London, Barcelona oder Mailand mal übers Wochenende zum Relaxen und einkaufen. Investieren das verbleibende Gehalt in Fonds und Optionsscheine, beteiligen sich an Immobilien. Leisten sich Loftwohnungen mit Gaggenau Küchen, spät abends lesen sie auf ihrem B+B Sofa das Handelsblatt oder Harvard Business und hängen Flachbildschirme von B&O neben die Cassina Wohnwand mit integrierter Dolby Surround Anlage und über allem hängt der kitschig romantische Lüster von Lampert. In den wenigen Augenblicken zwischen dem satten Plong der Mikrowellenofentür und dem piepsen des Mikrowellenofens, das verkündet das die Tortellini speciale heiß sind, in dieser Minute denken sie kurz über die innere Leere und das Gefühl von „Istdasalles“ nach. Wenn der Bildschirm zu leben beginnt haben sie es schon wieder verdrängt, diese leise Sinnsuche, verschoben nach später, nach irgendwann.

Es gibt auch noch die Andern, die mit dem Spießerideal von Ehefrau und Kindern. Verbliebene, unverbesserliche Idealisten. Sie folgen nicht mehr nur den Spuren ihrer Väter. Die meisten leben ein neues Bild von Vaterschaft. Kümmern sich um die Kinder, entlasten die Frauen bei der Erziehung und Hausarbeit und manche verzichten auf Karriere und Ansehen im Beruf. Ihre Ehefrauen haben die besseren beruflichen Chancen und verdienen mehr. Diese Männer kaufen Windel statt Computerspiele, sind geübt im Trösten und Fiebermessen, beim Verabreichen von bitterer Medizin. Gestalten die Beziehungen zum Kindergarten, zur Schule mit. Bringen sich ein mit Verantwortung und manchmal mit einem Eimer Farbe wenn das Klassenzimmer neu gestrichen werden muss. Horte, Schulen und Kindergärten leiden chronisch an fehlenden Mitteln zur Sanierung. Väter der neuen Generation sind nicht mehr nur Beibringer von Ressourcen, sie leben ebenso die Mehrfachbelastung die eine Familie mit sich bringt. Wenn Ehen scheitern so übernehmen sie als Teilzeit- oder Alleinerziehende die Verantwortung, teilen ihr Leben ein, zwischen Beruf und Kind(ern), zwischen Tagungen und Meetings, Abendessen und durchwachten Nächten am Bett der kranken Kleinen. Auch sie haben manchmal Sehnsüchte die nichts mit ihrem wahren Leben zu tun haben, auch sie denken an zwei Wochen Urlaub ohne Verantwortung und knapper Kasse. Manchmal denken sie auch ans Alter, wenn es nicht gereicht hat für eine private Rentenversicherung oder daran was die Ausbildung der Kinder noch Kosten wird und daran wie sicher ihr Job ist. Emotional und örtlich gebunden sind keine guten Voraussetzungen für einen neuen Job. Gesellschaftlich belächelt schieben sie mutig den Kinderwagen, hören von Freunden das sie gerne zur Feier oder Party kommen können, aber bitte ohne Kind. Sie sind das schlechte Gewissen, die Spielverderber einer modernen Gesellschaft.

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